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Salim Khelifi im EXKLUSIV-Interview
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"Fühle mich sehr wohl in Braunschweig"

Salim Khelifi (22) spielt seit zweieinhalb Jahren bei Eintracht Braunschweig. Spätestens seit dieser Saison besetzt der frühere Lausanner eine prägende Rolle. In der vergangenen Saison wurde er mit seinen acht Treffern der erfolgreichste Torschütze seines Vereins und mit der Schweizer U21-Nationalmannschaft steht er in der Qualifikation zur Europameisterschaft. Seine starken Leistungen in der 2. Bundesliga wecken die Aufmerksamkeit von grossen Klubs, doch Khelifi spricht in diesem Interview Klartext: Er will seine Entwicklung in Braunschweig fortsetzen.

4-4-2.com: Salim Khelifi, Sie spielen bei Eintracht Braunschweig. Der Anspruch des Vereins ist es, zu den Topteams der 2. Bundesliga zu gehören. Wie ist die Saison aus Ihrer Sicht verlaufen?

Salim Khelifi: Wir haben sehr gut begonnen, gerade in der Hinrunde hatten wir eine sehr gute Serie. Nach einigen Spielen haben wir dann unnötige Punkte abgegeben, in der Rückrunde hatten wir eine Ergebniskrise, doch wir haben uns rechtzeitig gefangen. Gerne hätten wir die Saison noch mit einer besseren Platzierung beendet, leider mussten wir uns aber im letzten Spiel Fortuna Düsseldorf geschlagen geben.

Sie haben es bereits angesprochen: Braunschweig hatte in dieser Saison zwei Gesichter gezeigt. Einerseits hatte man zu Beginn der Saison eine Phase, in der man die Gegner teilweilse mit 6:0 vom Platz fegte, dann gab es aber auch eine Phase, in der aus zehn Spielen nur eines gewonnen werden konnte. Wie erklären Sie sich diese Formschwankungen.

Meiner Ansicht nach liegt das daran, dass wir eine sehr junge Mannschaft haben. Uns fehlte teilweise ein wenig die Erfahrung und die Konstanz.

Im vergangenen Sommer erklärte Braunschweig den Aufstieg als Ziel. Wollen Sie diesen in der nächsten Saison wieder anstreben?

Nein, ich denke nicht, dass ein Aufstieg das erklärte Ziel sein wird. Das war es im Übrigen auch in dieser Spielzeit nicht. Wir wollen einfach eine gute Saison spielen, in jedem Spiel einen Sieg anstreben. Wenn dies klappen sollte, werden wir sehen, wo wir uns dann platzieren.

Wie sind Sie persönlich mit Ihrer Saison zufrieden? Mit acht Treffern sind Sie aktuell der beste Torschütze des Teams.

Es war eine gute Saison für mich. Ich freue mich vor allem für das Team aber auch für mich selbst, dass ich dabei so erfolgreich war und diese Tore erzielt habe. Zudem habe ich regelmässig gespielt, das freut mich auch.

Nach zwei Jahren, in denen Sie zum Teil verletzt waren, kommen Sie nun sehr regelmässig zum Einsatz. Kann man von der Saison des Durchbruchs sprechen?

Ich habe im ersten Jahr nicht viel gespielt, hatte gerade am Anfang viel mit Verletzungen zu kämpfen. Nach einer guten Vorbereitung habe ich das Vertrauen bekommen und viele Einsätze gehabt. Darüber bin ich sehr froh.

In dieser Saison haben Sie meist als Rechtsaussen gespielt. Doch auch im offensiven Mittelfeld und Linksaussen haben Sie Einsätze gemacht. Wo ist es ihnen am wohlsten?

Ich kann überall spielen. Meine Lieblingsposition ist die linke Aussenbahn, doch ich fühle mich auch über rechts und im Zentrum wohl. Ich spiele, da, wo der Trainer mich aufstellt und ich der Mannschaft am besten helfen kann.

Sie spielen im Team mit der zweitbesten Abwehr der Liga. Wie ist es für Sie als Offensivspieler in einem Team zu spielen, wo in erster Linie viel Wert auf eine stabile Defensive gelegt wird?

Das ist kein Problem für mich, unsere Stärken im Angriff liegen auf den Aussenbahnen. Ich kann also viele Gegenstösse und Angriffe einleiten. Zusammen mit den offensiv starken Verteidigern kommen wir so oft gefährlich vor das gegnerische Tor. Ken Reichel hat in dieser Saison sieben Tore erzielt. Ich kann mit dieser Mannschaft viele gute Möglichkeiten erspielen. Zudem kann ich hier schnell angreifen, das kommt mir entgegen.

Vor ihrem Wechsel nach Braunschweig im Januar 2014 haben Sie mit Lausanne in der Super League gespielt. Was verbindet Sie heute mit dem Team, das in der nächsten Saison wieder in der Super League spielen wird?

Ich habe noch immer sehr guten Kontakt zu Lausanne und freue mich natürlich sehr für das Team. Es war meine erste Station, mein erstes grosses Team. Noch dazu ist Lausanne meine Heimat, da bin ich geboren.

Warum haben Sie sich in jungen Jahren für einen Wechsel nach Deutschland entschieden und sind nicht in der Super League, eventuell bei einem anderen Verein, geblieben?

In der Schweiz schauen alle die Bundesliga. Deutschland war schon immer mein Ziel. Ich wollte neue Erfahrungen sammeln. In der ersten Saison kam ich in der Bundesliga nur einmal zum Einsatz, doch das Team setzt auf junge Spieler wie mich.

Wie haben Sie sich damals eingelebt?

Am Anfang war es schwer, ich fühlte mich einsam. Ich habe dann aber schnell gute Freunde gefunden und meine Familie kommt oft zu Besuch. Das war wichtig. Ich fühle mich sehr wohl in Braunschweig.

Ihre Muttersprache ist französisch. Haben Sie schnell Deutsch gelernt?

Ich konnte noch aus der Schule ein wenig Deutsch. Sprachschulen habe ich nie besucht, das kam einfach so im Umgang in der Mannschaft und im täglichen Gebrauch. Das ging ziemlich schnell ja.

Sie spielen in der U21-Nationalmannschaft der Schweiz. Nach fünf Spielen in der EM-Qualifikation liegen sie mit drei Punkten Rückstand auf England auf Rang 2. Wie sehen Sie die Chancen auf eine Qualifikation?

Wir haben mit England, Norwegen und Bosnien sehr schwierige Gegner. Doch ich sehe unsere Chancen nach fünf Spielen intakt. Wir wollen die restlichen drei Spiele gewinnen, dann werden wir sehen, ob es reichen wird.

Ist die A-Nationalmannschaft der Schweiz ein Thema? Warten Sie auf den Anruf von Vladimir Petkovic oder würden Sie auch für Tunesien spielen, wenn Interesse besteht?

Nein, ich habe noch keinen Kontakt. Ich konzentriere mich auf Braunschweig und die U21. Weiter denke ich noch nicht und habe ich auch noch nicht geplant.

Um gleich bei der Zukunftsplanung zu bleiben: Kürzlich kursierte das Gerücht über einen Wechsel zum HSV. Dieses haben sie deutlich dementiert. Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?

Ich habe hier noch zwei Jahre Vertrag. Ich weiss, dass es Interessenten gibt, doch das kümmert mich nicht. Ich möchte auch die nächste Saison in Braunschweig verbringen.

Ihr Trainer Torsten Lieberknecht hat kürzlich einen Wechsel ebenfalls dementiert und sich für Braunschweig ausgesprochen. Wie stehen Sie zu dem Mann, der den BTSV aus der dritten Liga in die Bundesliga führte?

Von Anfang an verstehe ich mich mit ihm und auch den restlichen Trainern sehr gut. Wir sprechen viel miteinander, das ist ganz wichtig für mich.

Das Ansehen der 2. Bundesliga ist in der Schweiz nicht sonderlich gross. Wie schätzen Sie als Spieler die Qualität dieser Liga ein?

Das Leistungsniveau ist etwa gleich wie jenes der Super League. Das Spiel ist aber noch ein wenig schneller und dazu körperbetonter. Und die Stimmung in den Stadien und der Stellenwert des Fussballs lassen sich nicht vergleichen. Hier wird Fussball gelebt, die Fans kommen zu jedem Spiel.

Sie kamen mit Braunschweig auch schon in der 1. Bundesliga zum Einsatz und hatten dort Sekunden nach Ihrer ersten Einwechslung eine Topchance, als sie alleine vor dem Tor von Augsburgs Goalie Marwin Hitz standen. Ist Ihnen diese Situation noch präsent?

Ja, es war mein allererstes Spiel für Braunschweig. Mit der ersten Ballberührung für diesen Verein hätte ich ein Tor erzielen können. Doch so ist der Fussball, manchmal geht der Ball rein und manchmal eben nicht. Damals ging er leider nicht rein.

Bei den Fans sind Sie sehr beliebt, in der Stadt werden Sie oft erkannt, wie gehen Sie mit diesem „Promistatus“ in Braunschweig um?

Die Leute erkennen mich, möchten Fotos machen oder Autogramme habe. Das mache ich gerne. Alle sind freundlich zu mir. Es freut mich, dass die Fans mich mögen, das ist ein gutes Gefühl.

Mit Orhan Ademi und Saulo Decarli spielen noch zwei weitere Schweizer in Braunschweig. Wie verstehen Sie sich mit Ihnen?

Sehr gut. Saulo spricht zudem auch französisch. Es ist schön sich hin und da auch in seiner Muttersprache unterhalten zu können. Wir unternehmen viel zusammen, auch abseits des Trainings und der Spiele.

Wenn man in der Schweiz Braunschweig hört, wissen die meisten nicht einmal wo das liegt. Erzählen Sie uns etwas über Ihre Stadt.

Es ist eine sehr schöne Stadt. Ich war anfangs überrascht von der Grösse. Ich hörte, dass es eine Kleinstadt sei. Als ich hier war, war die Stadt dann aber um einiges grösser als Lausanne. Die Leute hier sind sehr nett und absolut fussballverrückt, es herrscht eine gute Stimmung. Und die Stimmung im Stadion einfach grossartig, die Leute leben für den Verein.

Von David Simmen

  dsi       20 Mai, 2016 15:17
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