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Fehlende Offenheit
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Julian Nagelsmann spricht erstmals über seine Entlassung bei den Bayern

Der jetzige Bundestrainer Julian Nagelsmann wurde beim FC Bayern vor knapp einem Jahr entlassen. Erstmals spricht der 36-Jährige nun öffentlich darüber.

In einem Gespräch mit dem "Spiegel" lässt der Ex-Bayern-Coach tief blicken und räumt auch mit einigen Unwahrheiten auf, die aus seiner Sicht nach seinem Rauswurf in München verbreitet wurden. So etwa, dass er sich um zu viele andere Dinge gekümmert hatte als um die Arbeit auf dem Platz und den Job als Bayern-Trainer teilweise sogar vernachlässigte. Dies lässt Nagelsmann nicht gelten: "Mir wurde damals vorgeworfen, ich sei nach einer Niederlage gegen Bayer Leverkusen nicht erreichbar gewesen. Das stimmte einfach nicht. Ich war von Montag bis Mittwoch ganz normal im Büro am Trainingsgelände an der Säbener Strasse. Als Einziger übrigens, sonst war keiner der Verantwortlichen da. Ich bin dann Mittwochmittag bis Freitagmorgen in den Kurzurlaub gefahren. Das war auch so genehmigt."

Ursprünglich sei er im Sommer 2021 geholt worden, um einige Dinge in München zu verändern. Aus seiner Sicht erhielt er zu wenig Zeit: "Es gibt Klubs, die geben einem die Zeit. Die Trainer bei Bayern München bekommen nicht so viel Zeit, um etwas zu entwickeln." Als in der Meisterschaft zwischenzeitlich neun Punkte Vorsprung auf den BVB verspielt wurden und Thomas Tuchel verfügbar war, reagierten die damaligen Verantwortlichen um Vorstandsboss Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic. Nagelsmann deutet diesbezüglich auch einen Vertrauensbruch an und stellt allgemein die Ehrlichkeit im Fussballbusiness infrage: "Das, was nach einer Trennung nach aussen kommuniziert wird, hat mit der Realität wenig zu tun. Im Fussball geht es nicht immer supernett zu. Da hilft es auch nichts, wenn man ein gutes Verhältnis zu den Entscheidungsträgern hat. Und das hatte ich zu Oliver Kahn und zu Hasan Salihamidzic. Wir haben besprochen, wie wir gemeinsam damit umgehen wollen, wenn ein Worst-Case-Szenario eintritt. Aber dann war doch alles anders. Da stellt man sich die Frage: Wie weit öffne ich mich in Zukunft gegenüber Protagonisten in dieser Branche? In dem Geschäft fehlt es an Offenheit."

Der jetzige Coach der deutschen Nationalmannschaft lässt sich auch nicht verbiegen, wie er ausführt: "Ich habe nun mal andere Charakterzüge als zum Beispiel Jupp Heynckes. Ich mache manche Dinge eben anders, schon weil ich jünger bin. Ich stehe bei Spielen des FC Bayern nicht im beigen Trenchcoat an der Linie, nur weil das einige meiner Vorgänger gemacht haben. Die Verantwortlichen in München wussten vorher, dass ich auch mal eine rote Jacke anhaben würde. Und es hat sie nicht gestört. Aber im Misserfolg werden solche Nebensächlichkeiten einem gern aufs Brot geschmiert."

  psc       23 Februar, 2024 10:36
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