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Der FC Barcelona: Sponsoren, Finanzen und das nackte Überleben

Es war einmal: UNICEF

Einst war der altehrwürdige FC Barcelona noch eine stolze Fussballmannschaft mit soliden Finanzen und musste nicht auf die Gelder verschiedenster Sponsoren zurückgreifen. Ja, in früheren Zeiten wurden die Trikots der Katalanen noch stolz vom Logo der UNICEF geziert. Als einer der besten spanischen und auch europäischen Fussballvereine hatte es der Kultclub seit dem Gründungsjahr 1899 in Summe 107 Jahre lang ohne Trikotsponsor ausgehalten.

Erst im Jahr 2006 entschied sich der Verein für eine Partnerschaft mit der UNICEF. Dabei ging es nicht um finanzielle Belange oder lukrative Gegengeschäfte, wie man es herkönnlicherweise von einem Vereins-Firmen-Sponsoring erwarten würde. Stattdessen nutzte der FC Barcelona seine einzigartige Publizität, um Spenden für Kinder auf der ganzen Welt zu sammeln.

Einer der gegenwärtig noch immer besten Vereine der Welt, der aktuelle FC Barcelona, wird heute von Spotify gesponsert und musste jede Menge finanzieller Akrobatik an den Tag legen, um nach einer veritablen Finanzkrise sich über Wasser zu halten und zumindest mittelfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.

Der katalanischen Serienmeister hat für längere Zeit sein starkes soziales Engagement für das Wohlergehen von Kindern auf der ganzen Welt unter Beweis gestellt, da sie ohne finanziellen Gewinn das UNICEF-Logo auf ihren Trikots aufgeflockt hatten. Diese grundsätzliche Haltung war zwar edel und gutherzig, hatte aber im Hinblick auf die Markenwerbung wohl einen gegenteiligen Effekt.

Im Jahr 2016 beging der Verein sein 10-jähriges Jubiläum als Trikotsponsor von UNICEF. Der Verein erhöhte sein finanzielles Engagement sogar von ursprünglich 1,5 Millionen Euro pro Jahr auf 2 Millionen Euro pro Jahr.

Die Konkurrenz mit Real Madrid & den anderen euopischen Finanzgiganten

Der Verein galt im Vergleich zu anderen spanischen Vereinen wie Real Madrid hinsichtlich der Markenförderung als leistungsschwach und beschloss unter seiner neuer Leitung, einige zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen, um in weiterer Zukunft mit finanziellen Sponsoringverträgen zusammenzuarbeiten.

Wir haben gesehen, dass Clubs alle Arten von Sponsoring übernommen haben, darunter befinden sich Fluggesellschaften, zwielichtige Online-Casino-Unternehmen, etablierte Sport-Wettfirmen und viele andere mehr, alle mit mehr oder weniger unterschiedlichem Erfolg.

Die europäischen Ligen mussten mit der Zeit gehen und andere Faktoren als die Höhe des angebotenen Geldes berücksichtigen, da die Fans und Interessengruppen gebinnen, problematische Sponsorenverträge zurückweisen, beispielsweise mit Wett-/Glücksspielunternehmen, die Spielautomaten und andere riskante Spiele bewerben.

Zu den Alternativen, zumindest denen, die bislang problemlos zahlen konnten, zählen jedoch häufig staatliche Stiftungen und Fonds. Aus politischen Gründen – die meisten von ihnen sind drchaus vertretbar – wird es immer umstritten sein, Geld von fragwürdigen Staaten anzunehmen, vor allem, wenn man bedenkt, wie solche Partnerschaften derzeit von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen werden.

Im Jahr 2010, einem bemerkenswerten Meilenstein in der Partnerschaftsgeschichte des Clubs, unterzeichneten die Katalanen einen Vertrag mit niemand geringerem als der Qatar Foundation. Der Deal hatte einen finanziellen Wert von rund 150 Millionen Euro.

Nachdem Barcelona in den Finanzwettbewerb eingestiegen war, unterzeichneten sie einen Vierjahresvertrag mit dem japanischen E-Commerce-Unternehmen Rakuten. Der Club erlaubte sich von Rakuten einen Jahresumsatz von 58 Millionen US-Dollar einzukassieren, und die Dinge schienen gut zu laufen, da Qatar Airways und eine türkische Unterhaltungselektronikmarke namens Beko diesem Beispiel folgten.

Von einer Wohltätigkeitsorganisation zu einer profitablen Unternehmensorganisation

Eines war damals bereits klar: Wohltätigkeitssponsoring würde keine Priorität mehr geschenkt werden, wenn in der Welt der Finanzen andere lukrative Deals lauerten. Neben der Leistung des Vereins auf dem Spielfeld erwiesen sich auch Finanzgeschäfte als lebhaftes Diskussionsthema.

Dieser plötzliche Wandel von einem „Sozialclub“ zu einem gewinnbringenden „Superclub“ wurde Sandro Rosell zugeschrieben, nachdem er 2010 sein Amt angetreten hatte und Josep Maria Bartomeu abgelöst hatte.

Der plötzliche Wechsel in der Ausrichtung des Vereins machte es schwierig, die Fans davon zu überzeugen, dass er trotz seiner Bemühungen, für wohltätige Zwecke und humanitäre Zwecke einzustehen, immer noch für mehr als nur Fussball steht.

Die finanziellen Schwierigkeiten

Ein grosser Verein wie der FC Barcelona muss tief in die Tasche greifen, um das Gehalt seiner Spieler zu sichern und gleichzeitig das Camp Nou als luxuriöses Stadion zu erhalten und auszubauen, in dem man die Spiele des Vereins bewundern kann. Bis 2017/2018 schien alles gut zu laufen, als der scheinbar reichste Verein der Welt begann in die Öffentlichkeit zu treten, um bekanntzugeben, dass es finanzielle Probleme gebe.

Die Belastung durch hohe Spielergehälter, hohe Ablösesummen für Spielertansfers und betriebliche Ineffizienzen begann, die Finanzen des Vereins schwer zu belasten. Trotz der Sicherung lukrativer Sponsorenverträge geriet der FC Barcelona in finanzielle Schulden und unter Druck diverser Geldgeber.

Die wirtschaftlichen Hebel des FC Barcelona

Um den Verein davor zu bewahren, in einen tiefen finanziellen Abgrund voller Schulden zu stürzen, mussten einige schwierige Entscheidungen getroffen werden, darunter der Wechsel von Lionel Messi zu PSG und anderen hochbezahlten Spielern.

Dies war eine Entscheidung, die darauf abzielte, die Schulden in Höhe von 1,5 Milliarden US-Dollar im September 2021 auszugleichen. Der neue Chef des Clubs, Joan Laporta, musste rund um die Uhr seine Netzwerke bewegen, um sicherzustellen, dass der Club nicht in einen dauerhaften wirtschaftlichen Ruin verfiel.

Diese Bemühungen führten zur Schaffung von Barcelonas neuen wirtschaftlichen Hebeln, also den bedeutenden finanziellen Massnahmen, die ergriffen wurden, um die durch die Schuldenkrise des Clubs verursachten Einschränkungen zu bewältigen.

Für den Verein sind es profitable, aber auch riskante Möglichkeiten, Geld zu beschaffen, etwa durch den Verkauf seiner TV- und Lizenzrechte für einen bestimmten zukünftigen Zeitraum. Laporta schaffte es, insgesamt 582 Millionen Euro einzusammeln, nachdem er 25 % der La Liga-TV-Rechte des Klubs für die nächsten 25 Jahre an eine globale Investmentfirma namens Sixth Street verkauft hatte.

Neben dem Verkauf der TV-Rechte war der Club auch gezwungen, 49,9 % seines Licensing and Merchandising (BLM) auf den Markt zu werfen. Die Spitzenspieler des Vereins standen kurz vor dem Verkauf, viele andere standen dem Verein skeptisch gegenüber.

Der Einstieg von Spotify

Im Rahmen einer neuen Partnerschaft mit Spotify hat der Club nach eigenen Angaben rund 97,6 Millionen Euro zusätzlich zu anderen Sponsoringverträgen erhalten, darunter WhiteBit, ScotiaBank, Herno und Stanley, um nur einige zu nennen.

Viele Fans fragen sich noch immer, wie der Verein innerhalb weniger Jahre von einem Finanzriesen in eine schwere Finanzkrise geraten konnte. Insbesondere durch diese Sponsoring-Deals scheint sich der Club langsam von den finanziellen Rückschlägen zu erholen, aber ist das Problem tatsächlich schon überwunden?

Das Stadion des Vereins wurde einem Rebranding unterzogen und in „Spotify Camp Nou“ umgetauft, genauso wie es in der Sponsorenvereinbarung festgelegt wurde. Der Verein kämpft eindeutig mit finanziellen Schwierigkeiten, was offensichtlich zeigt, wie sehr er zur Unterstützung auf Sponsorenverträge angewiesen ist.

 

Neue Sponsoring-Angebote angesichts des Verbots von Glücksspielen

Für die laufende Saison 2023/24 wollte der Verein sechs neue Sponsorverträge abschliessen, die einen Umsatz von 36 Millionen Euro bringen werden.

Da der Club versucht, seine ausstehenden Schulden in Höhe von 1,35 Milliarden Euro zu reduzieren, könnten die Hoffnungen auf den Abschluss lukrativerer Sponsoring-Verträge beeinträchtigt werden, wenn man bedenkt, dass in den kommenden Jahren ein neues „Front-of-Short“-Glücksspielverbot verhängt wird.

Die Vereine der Premier League haben sich bereits kollektiv darauf geeinigt, keine Glücksspiel- oder Wettpartnerschaften mehr in der Zukunft einzugehen, die übrigens ab Beginn der Saison 2026/27 die lukrativsten Deals bieten würden.

Wird der FC Barcelona angesichts der Tatsache, dass andere Top-Fussballligen dieses Verbot umsetzen wollen, genügend Zeit haben, neue Partnerschaftsverträge zu unterzeichnen, um aus den wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kommen? Nur die Zeit wird es weisen, auch wie der Verein sich in der Meisterschaft und in Europa präsentieren wird.

  psc       4 Oktober, 2023 14:18
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